Die Preisverleihung an "Rezo" lässt tief blicken

Wie die Nürtinger Zeitung am 2. Mai auf ihrer Titelseite vermeldet, hat der Youtube-Star "Rezo" den diesjährigen Nannen-Preis gewonnen, und zwar im Bereich "Web-Projekt" mit seinem Youtube-Video "Die Zerstörung der CDU", das im Mai 2019 bereits heftige Schlagzeilen verursacht hatte. Die Nürtinger Zeitung nennt diesen Preis die "bedeutendste Auszeichnung im deutschen Journalismus" und zitiert auch den Laudator Richard David Precht.

Der Nürtinger Zeitung ist für ihren knappen und korrekten Bericht kein Vorwurf zu machen, denn dieser reflektiert ja ein tatsächliches Geschehen, über das man sich jedoch umso mehr wundern muss in seiner Bedeutung für den deutschen Journalismus.

Denn schon die Reaktion unserer eigenen Partei, der CDU, war nicht besonders professionell im Mai 2019, als wir versucht hatten, mit dem Blogger "Rezo" in irgendeine Form von Dialog zu treten und seine Aussagen als Diskussionsbeitrag oder "Journalismus" vor der damaligen Europawahl ernst zu nehmen. Schon zu dieser Zeit war doch schon unschwer erkennbar, dass dieser anonyme junge Mann unter dem Copyright einer der größten deutschen Werbeagenturen auftrat. Umso verwirrender ist es, wenn fast ein Jahr später die höchste Auszeichnung der deutschen Pressewelt an eine nicht-existierende fiktive Person übergeben wird, die in Wirklichkeit nichts anderes ist als ein Werbeträger:

Es handelt sich bei "Rezo" nicht um eine reale Person, die tatsächlichen Journalismus betreiben würde. Der Herr mit den blauen Haaren ist in Wirklichkeit eine Kunstfigur der Firma "Tube One", die zum Ströer-Konzern gehört, in Selbstaussage ein "Unternehmen der Ströer Content Group". Der Ströer-Konzern bezeichnet sich auf seiner Webseite (am 2.5.2020) wie folgt:

"Mit einem Konzernumsatz von 1,6 Milliarden Euro für das Gesamtjahr 2018 zählt die Ströer SE & Co. KGaA gemessen an den Umsätzen zu den größten Vermarktern von Außen- und Onlinewerbung."

Zu diesem Konzern gehört auch T-Online, ein Medien-Marktplatz, der aktiv für die Vermarktung von Ströer-Werbung genutzt wird und dem dennoch Millionen von Kunden eher als neutralem Anbieter von IT-Dienstleistungen vertrauen.

Die Firma "Tube One" vermarktet das sogenannte "Social Influencer Advertising" und zeigt auch am heutigen 2.5.2020 auf ihrer Webseite (Link), wie sie die Kunstfigur "Rezo" vermarktet als Marke und Gesicht unter dem Titel "Entertainment" - mit dem Hinweis auf 210 Millionen Video-Views pro Monat.

Die Firma "Tube One" beschreibt dabei ihre Influencer-Angebote wie folgt (Zitat ihrer Homepage - Link):

Warum Social Influencer Post?
+ Erreichen und Aktivieren der jungen Tube Generation (13-24 J.)
+ Hohe Authentizität und Aufmerksamkeitsdauer im Vergleich zu herkömmlicher Werbung
+ Engagement und direkte Interaktion mit der Marke
+ Hohe Reichweite der Influencer
+ Inklusive Content-Produktion durch den Influencer
+ Professionelle und erfahrene Full-Service-Lösung der Kampagnen

Neben "Rezo" für die Sparte "Entertainment" kann man dort auch andere Kunstfiguren buchen, beispielsweise "MrsBella" für "Beauty", "izzi" für "Gaming", "FitnessOskar" für Sport und "Jessy Online" für "Family & Kids".

Wir haben es hier bei "Rezo" also keinesfalls mit einer eigenständigen Person zu tun, die in eigener Verantwortung handelt und mit einem Preis ausgezeichnet werden könnte. Stattdessen handelt es sich um einen namentlich nicht genannten Schauspieler, der etwas darstellt, nämlich ein Kunstprodukt und eine Werbefigur. Dieser Schauspieler inszeniert eine Rolle und wird für sein Handeln bezahlt von der Werbeindustrie, deren tatsächliche Hintergründe kaum aufzudecken sind. Offen wird bei Tube One von "Kampagne" gesprochen und die "hohe Glaubwürdigkeit bei Followern" betont, was für das Skandal-Video ja sicherlich beides zutrifft.

Im Mail 2019 hat bereits die FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) die Kunstfigur "Rezo" bezeichnet als "Werbeträger mit kommerziellen Interessen". Es wird dort analysiert: "Rezo wird zum Beispiel von einer Kölner Werbeagentur betreut, die Tube One heißt und zum Ströer-Konzern gehört, dem Marktführer für Außenwerbung in Deutschland", woran deutlich werde, "wie die Vermarktung von vermeintlich authentischen Jugendlichen professionell betrieben wird."

Dass trotz derart eindeutiger Analysen in der nicht-linken Presse nach dem damaligen Skandal-Video fast ein Jahr später der angeblich wichtigste Journalisten-Preis für dieses Werbe-Machwerk vergeben werden kann, erschließt sich nicht. Der deutsche Journalismus hat sich mit dieser Bejubelung von links-grüner Werbung keinen Gefallen getan - er befindet sich offenbar in seiner links-grünen Echokammer im massiven Niedergang.

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