Wie ist der erhebliche Anstieg der Inzidenz-Werte zu verstehen?

Im Vergleich zur optimistischen Nachricht vor fünf Wochen, als wir am 15.02. eine "Inzidenz" der Covid-19-Positivenrate von unter 50 gemeldet haben, ist die aktuelle Lage deutlich verändert: Am 23. März zeigt das Dashboard des Landkreises Esslingen eine Inzidenz von 115. Wie ist dieser Zahlenwert zu verstehen?

Wer die tatsächlichen Zahlenwerte betrachtet, wird feststellen, dass sich deutschlandweit die Zahl der Gesamt-Positivfälle in diesem Zeitraum nur wenig verändert hat, nämlich von 145.100 auf 165.900, also von 0,17% der Bevölkerung auf 0,2% der Bevölkerung. Im Landkreis Esslingen sind die entsprechenden Werte ein Anstieg von 612 positiv gemeldeten Personen am 15.02. (0,11%) zu 848 positiv gemeldeten Personen (0,16%) am 23.03.2021.

Wie ist es möglich, dass eine so geringe Veränderung von Werten im Sub-Promille-Bereich eine derartig dramatische Veränderung der Besorgnis und der politischen Zwangsmaßnahmen auslösen soll?

Die Antwort ist ganz einfach und liegt in der Definition der "Inzidenz" begründet, wie sie vom aktuellen Infektionsschutzgesetz verwendet wird. Dort heißt es:
“Bei Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen.”
Diese Definition ist ungeeignet, da sie die Tests oder sonstigen Messungen zum Infektionsgeschehen in einer Weise definiert, die nicht repräsentativ zur Bevölkerung ist, auch wenn dies im Wortlaut den Anschein hat.

Hier ein einfaches Beispiel:

  • Falls 1% einer Bevölkerung von 100.000 infiziert sind und 1.000 Tests pro Tag durchgeführt werden, beträgt die 7-Tage-Inzidenz “70” (1.000 mal 0,01 mal 7).
  • Falls 2.000 Tests pro Tag durchgeführt werden, beträgt die Inzidenz jedoch “140” (2.000 mal 0,01 mal 7).

Da die Anzahl der durchgeführten Tests nicht veröffentlicht wird, hat die Angabe der Inzidenz somit keinerlei Bedeutung. Es wird also durch künstlich hoch angesetzte Zahlenwerte unnötig Unruhe und sogar Angst geschürt, obwohl dafür kein tatsächlicher Grund vorliegt. Vielmehr handelt es sich weiterhin um Phänomene im Promille-Bereich mit sehr wenigen ernsthaft Kranken. Im Landkreis Esslingen waren bspw. am 15.02.2021 12 Personen in Behandlung auf den Intensivstationen des Landkreises, am heutigen 23.03.2021 sind es 14 Personen, nachdem es am gestrigen 22.03. im ganzen Landkreis auch 12 Personen waren! Die tatsächlichen ernsten Erkrankungen verhalten sich also vollkommen anders als die dramatisierte Inzidenz-Zahl es erwarten ließe.

Zudem muss noch ein ganz anderer Faktor berücksichtigt werden: Die Personen, die sich einem Covid-19 PCR-Test unterziehen, sind kein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung. Viele haben eine Sorge, sie könnten erkrankt sein und möchten darüber Gewissheit erhalten oder kommen aus Risikogruppen, die häufiger getestet werden sollen. Daher ist zu erwarten, dass die Zahl der positiv getesten Personen bei einer solchen Auswahl der Testkandidaten signifikant höher ist als bei einer zufälligen Auswahl aus der Mitte der Bevölkerung. Da es aber in Deutschland solche repräsentativen Messungen praktisch überhaupt nicht gibt, haben wir keinerlei abgesicherte Datenbasis, wie weit Covid-19 tatsächlich verbreitet ist.

Wir verweisen gerne auf unsere aktualisierte Analyse-Seite (Link), die für unseren Heimatbereich die neuesten Daten enthält.

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